Ein Pflegeantrag bei Kindern mit der Diagnose Fetales-Alkohol-Syndrom (FAS oder FASD) auch „embryofetales Alkoholsyndrom“ genannt hat einen besonders tragischen Ursprung.

Fetale Alkoholspektrum-Störungen (FASD) bezeichnen die vorgeburtlich (embryofetal) entstandene Schädigung eines Kindes durch von der schwangeren Mutter konsumierten Alkohol.

Das Fetale Alkohol Syndrom ist in seiner Variablität sehr vielgestaltig und reicht von ausgeprägten Verhaltens- und Lernstörungen bis hin zu schweren körperlichen und geistigen Behinderungen sowie irreparablen Schädigungen des Zentralen Nervensystems.

Zu den äußerlich sichtbaren Schäden zählen Kleinwuchs, Untergewicht, Mikro-zephalus und Fehlbildungen im Gesichtsbereich. Hinzu kommen oftmals Fütter-störungen, motorische Unruhe und ausgeprägte Schlafstörungen in der Säuglings-zeit. Mit dem Heranwachsen neigen die Betroffenen zur ADHS/ADS-Symptomatik, oft haben sie kognitive Einschränkungen und Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion.

(Quelle: Prof. Dr. Spohr Berlin)

Wann ist ein Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad sinnvoll?

Bei Kindern und Jugendlichen mit der Diagnose Fetale Alkoholspektrum-Störungen oder embryofetales Alkoholsyndrom fällt häufig auf, dass es ihnen schwer fällt, ihren Alltag alleine zu bewältigen.

Kognitive Störungen mit FAS

Die Merkfähigkeit bei Kindern mit FAS ist, Kurz- und Langzeitgedächtnis betreffend, deutlich verringert.

Sollen die Kinder Neues lernen, vergessen sie zuvor eingeübte Lerninhalte (Inter-ferenzeffekt). Lerninhalte bauen bei ihnen also nicht aufeinander auf, gelernte Lösungen können nicht auf andere Anwendungsgebiete übertragen werden.

Auch im familiären Miteinander können die Kinder trotz häufiger Wiederholungen und Erklärungen viele alltägliche Handlungen nicht selbstständig ausführen. Sie müssen vielmehr täglich an ihre Aufgaben erinnert werden, brauchen selbst dann noch Anleitung und Kontrolle. Alltagsrituale werden nur mühsam gelernt, und nach kurzer Unterbrechung, etwa nach einer Urlaubsreise, sind sie oft vergessen.

(Quelle: Dr. Reinhold Feldmann Uni-Münster)

Hilfebedarf im Vergleich zu gleichaltrigen, gesunden Kindern

Wenn bei Ihrem (Pflege-)Kind die Diagnose Fetale Alkoholspektrum-Störungen (FASD) oder auch „embryofetales Alkoholsyndrom“ vorliegt, werden Sie im Einzelfall feststellen, dass die o. g. (auszugsweisen) Beeinträchtigungen bei Ihrem Kind in mehreren der sechs entscheidenden Modulen einen Fremdhilfebedarf erfordern, der bei einem gleichaltrigen, gesunden Kindern nicht erforderlich ist.

Bewertung des Hilfebedarfs bei FAS

Auch hier sind nur die nachfolgend genannten sechs Module zur Einstufung in einen Pflegegrad ausschlaggebend:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung (nicht Einkaufen und Putzen)
  5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (ehemalig Behandlungs-pflege)
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Bei der Diagnose „Fetale Alkoholspektrum-Störungen“ oder „embryofetales Alkoholsyndrom“ ist es von besonderer Bedeutung, bei der Ermittlung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähig-keiten nicht nur das Kind zu befragen, sondern die gesamten Lebensumstände durch die Angehörigen/Pflegeeltern beschreiben zu lassen.

Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber folgende Richtlinien beim Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit vorgegeben. Siehe neues Begutachtungs-assessment (NBA) unter:

4.5.2 F 1.2 Pflegerelevante Vorgeschichte (Anamnese), medizinische und pflegerische Angaben unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Selbstständigkeit oder die Fähigkeiten

  • Die persönliche Einschätzung der Betroffenen zu ihren derzeitigen gesund-heitlichen und pflegerischen Problemen, Bedürfnissen und Veränderungs-wünschen ist zu erfassen.
  • Es ist nach den pflegerelevanten Erkrankungen und Beschwerden zu fragen.
  • Auch Tagesformschwankungen oder besondere Belastungen für die Pflegenden sind aufzunehmen.
  • Anamnestische Angaben zu kognitiven Fähigkeiten oder herausforderndem Verhalten sind im Hinblick auf die Bewertung der Module 2 und 3 zu erfragen und hier aufzunehmen.
  • Besonders bei Erkrankungen mit wechselnder Symptomatik erleichtert dieses Vorgehen die nachfolgende gutachterliche Beurteilung der Selbst-ständigkeit.

Nach der Dokumentation der pflegerelevanten Vorgeschichte folgt die Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Auch hier sind bei der Diagnose „Fetale Alkoholspektrum-Störungen“ oder „embryofetales Alkoholsyndrom“ die anamnestischen Angaben der Angehörigen/Pflegeeltern/Pflegepersonen von besonderer Bedeutung und müssen sorgfältig erhoben werden. Siehe neues Begutachtungsassessment (NBA) unter Punkt:

4.8.2 Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

  • Nach der strukturierten Anamnese- und Befunderhebung erfolgt die Anwendung der sechs Module des Begutachtungsinstruments. Dabei muss die Gutachterin oder der Gutachter sowohl die eigenen Befunde als auch anamnestische Angaben von Betroffenen, Pflegepersonen, Pflegekräften oder anderen Stellen (z. B. behandelnden Ärzten) bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigen.

Kinder mit der Diagnose „Fetale Alkoholspektrum-Störungen“ (FASD) oder auch „embryofetales Alkoholsyndrom“ erfüllen fast immer die Kriterien zur Eingruppierung in einen Pflegegrad.

Voraussetzungen an die Gutachter (m/w) bei Prüfung der Pflegebedürftigkeit bei Kindern

Siehe neues Pflegestärkungsgesetz:

  • Bei Kindern ist die Prüfung der Pflegebedürftigkeit in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderarzt vorzunehmen.
Fragen Sie den Gutachter (m/w) unbedingt nach seiner Qualifikation!

Welcher Pflegegrad für mein (Pflege-)Kind mit der Diagnose FAS?

Sind Sie mit der Eingruppierung nicht einverstanden oder sind Sie unsicher, ob der festgestellte Pflegegrad dem Bedarf an fremder Hilfe entspricht, lassen Sie das Gutachten des MDK oder Medicproof von unabhängigen Sachverständigen prüfen.

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Welchen Pflegegrad bekommen Kinder mit FASD?

Verzweifelte (Pflege-)Eltern kommen zu uns, weil die Pflegekasse die Pflegeleistungen für die betroffenen Kinder mit FAS verweigern oder wenn der Pflegegrad zu gering eingestuft wurde. Im Rahmen der Erstberatung(en) werden die unabhängigen Pflegeberater des BWPN häufig gefragt, welchen Pflegegrad denn andere Kinder unserer Klienten erhalten haben, die ebenfalls eine Diagnose FAS mitgeteilt wurde.

Grundsätzlich hängt das immer vom Einzelfall ab und allgemein gibt es darauf keine Antwort. Allerdings gibt es (tragischerweise) nach 20 Jahren Verfahren im 3-stelligen Bereich, die unsere Pflegesachverständigen für Kinder mit FAS begleiten mussten, ausreichende Zahlen, die wir gern für alle veröffentlichen.

10 %

Pflegegrad 1

30 %

Pflegegrad 2

40 %

Pflegegrad 3

20 %

Pflegegrad 4

Die oben genannten Quoten entsprechen unserer internen Auswertung, berücksichtigen allerdings nicht die unterschiedlichen Altersgruppen der Kinder. Letzteres ist zum besseren Verständnis dieser Zahlen aber sehr wichtig!

Denn anders als bei Erwachsenen gibt es bei Kindern einen „natürlichen“ Hilfebedarf, der sich mit zunehmendem Alter verringert, bzw. verringern sollte. Die Schwere der Schäden durch FASD werden in dieser Statistik daher etwas weniger berücksichtigt, da wir andernfalls für jeden Altersbereich der Kinder eigene Zahlen veröffentlichen müssten.

Den Pflegegrad 5 haben wir unerwähnt gelassen, weil die Kinder mit FASD und Einstufung Pflegegrad 5, glücklicherweise eher selten notwendig sind.

Bild 1: (c) detailblick-foto - stock.adobe.com
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